Nordic Walking

Als das Nordic Walking (kurz NW) vor über 25 Jahren in Deutschland populär wurde, dachte ich als Physiotherapeut eher an eine neue Marketingstrategie von pfiffigen Unternehmern und bezweifelte, dass es auch nur einen gesundheitlichen Mehrnutzen gegenüber normalem Gehen oder Laufen hätte. Ich habe meine Ansicht allerdings grundlegend geändert, nachdem ich selbst über 1500 Kilometer mit den Stöcken gegangen bin und deutliche Veränderungen gespürt habe:
• meine Rückenschmerzen verschwanden
• meine Ausdauer verbesserte sich deutlich
• meine Bein- und Gesäßmuskulatur wurde wieder deutlicher sichtbar

Die Vorteile, die ich als Physiotherapeut sehe, sind: Nordic Walking (NW) ist
• gelenkschonend
• verhindert Überanstrengung (das Gehen kann besser dosiert werden als Laufen, NW ist deshalb besonders geeignet für Untrainierte und Übergewichtige / Fettleibige)
• ist auch im Winter praktikabel und relativ sicher (Jogger laufen z.B. Gefahr auf Laub auszurutschen)
• die Gefahr von Muskelkrämpfen und Zerrungen ist sehr gering
• fördert den Aufbau von Kondition und erhöht das Atemvolumen (Nasenatmung jederzeit möglich)
• fördert die Aufrichtung der Wirbelsäule (z.B. durch den nach oben erzeugten Schub der laufend nach hinten gesetzten Stöcke)
• fördert die Fettverbrennung, weil als Ausdauersport auch für Übergewichtige gut praktikabel (bei 60 Min. zügigem Gehen 2-3x pro Woche).
• Beugung und Streckung sind im Gleichgewicht (beim Laufen überwiegt die Beugung, weshalb viele Läufer nach Ihrem Lauf Dehnübungen für Arme und Beine machen müssen)
Nachteile: Entzündung einer oder beider Bizeps-Sehnen aufgrund der ständigen Überdehnung durch die nach hinten geführten Stöcke. Für die Beine ist das Nordic-Walking kein Problem, aber die Sehnen der Oberarme insbesondere die Bizepssehnen können überreizt werden, weil Sie ständig etwas überdehnt werden.

Zur Entwicklungsbiologie des Menschen: es ist anzunehmen, dass Gehen die hauptsächliche Fortbewegungsart des Menschen bis zur Zeit der Sesshaftigkeit (vor ca. 10.000 Jahren) war. Und zwar viele Kilometer pro Tag, einige Wissenschaftler sprechen von 42 km pro Tag). Gelaufen wurde nur in Ausnahmesituationen wie beim Jagen oder der Flucht vor Raubtieren. Laufen hat einen viel höheren Energieverbrauch als Gehen und Nahrung war nicht zu jederzeit verfügbar. Gehen ist also eine sehr ökonomische Art der Fortbewegung. Laufen beansprucht dagegen in einem viel grösseren Masse die Gelenke und die Gefahr von (tödlichen) Stürzen war auch höher, schliesslich ist der Waldboden oder die Savanne nicht eben und überschaubar wie eine geteerte Strasse oder ein befestigter Weg. Im Wald gibt es viele unerwartete Hindernisse in Form von Wurzeln, kleinen Untiefen und Steinen.

Für das Nordic-Walking empfiehlt es sich trotzdem eher auf Waldboden als auf befestigten Wegen oder Strassen zu gehen. Dies aus mehreren Gründen:
1. Der Waldboden federt etwas nach und entlastet die Bandscheiben. Der harte Teerboden ist dagegen eher eine Belastung für den Rücken.
2. Das Gehen über "Stock und Stein" fördert den Gleichgewichtssinn und stärkt die Fussbänder.
3. Beim Gehen haben sie genug Zeit den Boden vor Ihnen wahrzunehmen und eventuellen Hindernissen gezielt auszuweichen.
4. Im Wald kann es sein, dass Ihnen Tiere begegnen, die Sie vielleicht nur noch aus dem TV kennen.
5. Die mit frischem Sauerstoff angereicherte Luft im Wald dürfte gesünder als "Strassenluft" sein.

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